Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 77/504/EWG über reinrassige Zuchtrinder (ABl. EG Nr. L 206 S. 8), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3768/85 des Rates vom 20. August 1985 (ABl. EG Nr. L 362 S. 8).
(1) Zur Zuchtwertfeststellung bei einem Rind werden mindestens
je nach der Zuchtrichtung die Zuchtwertteile Milchleistung oder Fleischleistung oder beide Zuchtwertteile sowie
bei einem Bullen, der zur künstlichen Besamung verwendet wird, der Zuchtwertteil Zuchtleistung
festgestellt. Bei einem Bullen wird auch die äußere Erscheinung beurteilt. Der Zuchtwertteil Milchleistung umfasst mindestens die Leistungsmerkmale Fettmenge und Eiweißmenge, der Zuchtwertteil Fleischleistung mindestens die Leistungsmerkmale Gewichtszunahme und Fleischansatz, der Zuchtwertteil Zuchtleistung mindestens die Leistungsmerkmale Fruchtbarkeit, Kalbeverlauf einschließlich der Kälberverluste und Nutzungsdauer. Sofern im Zuchtziel der täglichen Gewichtszunahme keine wirtschaftliche Bedeutung beigemessen wird, kann auf deren Erfassung verzichtet werden. Genetische Besonderheiten und Erbfehler werden ab dem 16. Juni 2002 entsprechend der Festlegung nach § 1b der Verordnung über Zuchtorganisationen durch Untersuchungen nach wissenschaftlich anerkannten Grundsätzen festgestellt.
(2) Nach Anlage 1 werden die Leistungsmerkmale für den Zuchtwertteil Milchleistung an weiblichen, für den Zuchtwertteil Fleischleistung mindestens an männlichen und für den Zuchtwertteil Zuchtleistung mindestens an weiblichen Rindern in Leistungsprüfungen ermittelt sowie die äußere Erscheinung mindestens an Bullen beurteilt.
(3) Der Zuchtwert wird nach den Grundsätzen der Anlage 2 festgestellt. Werden dabei die Leistungsmerkmale in einem Index zusammengefasst, so werden sie nach ihrer sich aus dem Zuchtprogramm ergebenden Bedeutung gewichtet.
(4) Bei der Zuchtwertfeststellung wird für die einzelnen festgestellten Zuchtwertteile die Sicherheit mindestens für Bullen angegeben.
Die für die Erteilung der Besamungserlaubnis zuständige Behörde veröffentlicht bei Bullen, die zur künstlichen Besamung eingesetzt werden, das Ergebnis der nach § 1 Abs. 1 Satz 5 durchgeführten Untersuchungen.
(Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
* 1 Voraussetzungen
Die zu prüfenden Rinder müssen nach den Bestimmungen der
Viehverkehrsverordnung gekennzeichnet und mit diesem Kennzeichen in
den Prüfungsunterlagen aufgeführt sein.
2 Milchleistungsprüfung
2.1 Allgemeines
2.1.1 Die Milchleistungsprüfung wird nach den vom Internationalen Komitee
für Leistungsprüfungen in der Tierproduktion festgelegten Richtlinien
durchgeführt. Es werden alle Milchkühe des Bestandes geprüft.
2.2 Durchführung der Prüfung
2.2.1 Bei der Prüfung werden für jede Kuh mindestens die Milchmenge sowie
der Fett- und Eiweißgehalt ermittelt (reguläre Prüfung) und als
Tagesgemelk dargestellt.
2.2.2 Die Melkzeiten und das Melkverfahren dürfen am Prüfungstag gegenüber
den betriebsüblichen Melkzeiten und Melkverfahren nicht geändert
werden.
2.2.3 Zum Wiegen und Messen dürfen nur vom Internationalen Komitee für
Leistungsprüfungen in der Tierproduktion anerkannte Geräte und
Einrichtungen verwendet werden. Für Geräte zur Bestimmung der
Milchinhaltsstoffe gelten die Mindestanforderungen der Milch-
Güteverordnung vom 9. Juli 1980 (BGBl. I S. 878, 1081) in der jeweils
geltenden Fassung.
2.2.4 Das am Prüfungstag angewendete Verfahren ist für jedes Einzeltier in
den Prüfungsunterlagen zusammen mit den Prüfungsergebnissen zu
registrieren.
2.3 Leistungsangaben im Zuchtbuch
2.3.1 Zur Darstellung der Ergebnisse der Milchleistungsprüfung werden
mindestens verwendet:
2.3.1.1 alle 305-Tage-Leistungen; eine 305-Tage-Leistung ist die Leistung in
der Zeit vom Tage nach dem Kalben bis zum Ende des letzten
Prüfungszeitraums dieser Laktation, mindestens von 250 Tagen,
längstens bis zum Ablauf des 305. Laktationstages; angegeben werden
die Ordnungszahl der Laktation und die Anzahl der Laktationstage,
sowie
2.3.1.2 die mittlere 305-Tage-Leistung; sie ist der Durchschnitt aller 305
-Tage-Leistungen; angegeben werden die Zahl der Laktationen und die
mittlere Zwischenkalbezeit.
2.3.2 Zusätzlich können verwendet werden:
2.3.2.1 die Jahresleistung; sie ist die Leistung einer Kuh in einem
Prüfungsjahr;
2.3.2.2 die mittlere Jahresleistung; sie wird berechnet, indem die Leistung in
der Zeit vom Tage nach dem ersten Kalben bis zum Ende des letzten
abgeschlossenen Prüfungsjahres, bei abgegangenen Kühen bis zu ihrem
Abgang, durch die Anzahl der Tage dieses Zeitraums dividiert und das
Ergebnis mit 365 multipliziert wird; Voraussetzung für die Berechnung
ist, dass mindestens zwei Laktationen abgeschlossen sind und der
Zeitraum vom ersten Kalben an mindestens 730 Tage beträgt;
2.3.2.3 die Lebensleistung; sie ist die Leistung vom Tage nach dem ersten
Kalben bis zum Ende des letzten abgeschlossenen Prüfungsjahres, bei
abgegangenen Kühen bis zum Abgang;
2.3.2.4 die Bestandsdurchschnittsleistung; sie wird berechnet, indem die
Milchmenge, Fettmenge und Eiweißmenge eines Bestandes im Prüfungsjahr
durch die Summe der Futtertage des Bestandes dividiert und die
Ergebnisse mit 365, in einem Schaltjahr mit 366, multipliziert werden;
2.3.2.5 die Teilleistungen von im Verlauf der ersten Laktation abgegangenen
Kühen vom Tage nach der Kalbung bis zum Abgang unter Angabe der
Laktationstage.
2.3.3 Werden Leistungen auf das Alter der Kühe standardisiert, so werden sie
besonders gekennzeichnet.
2.3.4 Auf Antrag kann die zuständige Behörde zusätzlich Leistungen von
Spenderkühen nach einem Embryotransfer kennzeichnen.
2.4 Nicht einbezogene Leistungen
In die Leistungsangaben werden als beeinträchtigt anerkannte
Leistungen nicht einbezogen. Leistungen werden auf Antrag von der
zuständigen Behörde als beeinträchtigt anerkannt, wenn die Summe aus
Fett- und Eiweißmenge
2.4.1 bei der ersten 305-Tage-Leistung oder Jahresleistung unter 50 v. H.,
bei der zweiten 305-Tage-Leistung oder Jahresleistung unter 60 v. H.
der Bestandsdurchschnittsleistung oder bei einer späteren 305-Tage-
Leistung oder Jahresleistung unter 60 v. H. der mittleren 305-Tage-
Leistung oder mittleren Jahresleistung liegt und diese
Leistungsminderung auf Verkalben, Embryotransfer oder eine durch
tierärztliches Attest nachgewiesene Krankheit - ausgenommen eine
Fruchtbarkeitsstörung - zurückzuführen ist oder
2.4.2 bei der ersten 305-Tage-Leistung oder Jahresleistung unter 50 v. H.
der Bestandsdurchschnittsleistung liegt und das geprüfte Rind bei der
Kalbung noch nicht 20 Monate alt war.
2.5 Nachprüfung
2.5.1 Die Ergebnisse der Milchleistungsprüfung werden stichprobenweise durch
Nachprüfungen oder andere geeignete Maßnahmen abgesichert.
Bestandsnachprüfungen werden im Anschluss an reguläre Prüfungen
durchgeführt. Werden sie erst später durchgeführt, so erstrecken sie
sich über eine gegenüber der regulären Prüfung zusätzliche Melkzeit.
In diesem Falle dient die erste Melkzeit der Überprüfung des
Melkintervalls, das der Bestandsnachprüfung vorausgeht, und wird in
die Berechnung der Leistungen nicht einbezogen. Die Ergebnisse der
Bestandsnachprüfung sind für die Feststellung der Leistung im Bestand
maßgebend.
2.5.2 Als fehlerhaft festgestellte Ergebnisse der regulären Prüfungen werden
nicht berücksichtigt.
3 Fleischleistungsprüfung
3.1 Allgemeines
Die Fleischleistungsprüfung wird als Stationsprüfung oder als
Feldprüfung bei Veranstaltungen der Zuchtorganisationen, in Schlacht-,
Mast- oder Zuchtbetrieben durchgeführt. Der Fleischansatz wird als
Bemuskelung (Bewertungsergebnis der Bemuskelung von Keule, Rücken und
Schulter) oder als Handelsklasse (Ergebnis der Einstufung in das
gemeinschaftliche Handelsklassenschema) oder als Fleischanteil
ermittelt.
3.2 Prüfungsarten
3.2.1 Stationsprüfung
An lebenden Tieren wird mindestens die durchschnittliche tägliche
Gewichtszunahme im Prüfungszeitraum sowie die Bemuskelung ermittelt.
Für geschlachtete Tiere werden zusätzlich die Nettogewichtszunahmen
und die Handelsklasse ermittelt. Die Nettogewichtszunahme ergibt sich
aus dem Schlachtgewicht dividiert durch die Zahl der Lebenstage.
Zusätzlich können weitere Merkmale ermittelt werden, insbesondere
- bei lebenden Tieren die Körpermaße und die Futteraufnahme,
- bei geschlachteten Tieren der Muskelfleischanteil mittels Zerlegung
oder einer geeigneten Schätzformel sowie Merkmale der Fleischqualität.
3.2.1.1 Eigenleistungsprüfung
Die Prüfung wird an männlichen Zuchttieren vorgenommen. Sie beginnt
innerhalb der ersten acht Lebensmonate und erstreckt sich bei Bullen
der Zuchtrichtung Fleisch auf mindestens 120 Tage, bei Bullen der
Zuchtrichtung Milch und Fleisch auf mindestens 180 Tage.
3.2.1.2 Nachkommenprüfung
Die Prüfung wird an männlichen Masttieren vorgenommen, die Stichproben
der Nachkommen von Prüfbullen darstellen. Sie beginnt bei der
Zuchtrichtung Fleisch innerhalb der ersten acht Lebensmonate und
erstreckt sich auf mindestens 120 Tage; sie beginnt bei der
Zuchtrichtung Milch und Fleisch und bei Kreuzungskälbern nach einer
Eingewöhnungsperiode spätestens am 112. Lebenstag und dauert in der
Regel bis zum 420., mindestens bis zum 330. Lebenstag.
3.2.2 Feldprüfung
3.2.2.1 Prüfung bei Veranstaltungen für Zuchttiere
Die Prüfung wird an männlichen Zuchttieren vorgenommen, die am
Veranstaltungstag mindestens zehn Monate alt sein müssen. Es werden
mindestens die durchschnittliche tägliche Gewichtszunahme seit Geburt
unter Abzug des rassetypischen Geburtsgewichtes sowie die Bemuskelung
ermittelt.
3.2.2.2 Prüfung in Schlachtbetrieben
Die Prüfung wird an männlichen Masttieren vorgenommen. Die Ergebnisse
werden in Schlachtbetrieben ermittelt. Es werden mindestens die
Nettogewichtszunahme und die Handelsklasse ermittelt.
3.2.2.3 Gelenkte Prüfung in Mastbetrieben
Die Prüfung wird an männlichen Masttieren vorgenommen, die Stichproben
der Nachkommen von Prüfbullen darstellen. Es werden mindestens die
tägliche Gewichtszunahme im Mastabschnitt sowie die Bemuskelung oder
bei Vorliegen des Schlachtergebnisses die Nettogewichtszunahme und die
Handelsklasse ermittelt.
3.2.2.4 Prüfung bei Kälberabsatzveranstaltungen
Die Prüfung wird an männlichen zur Weitermast vorgesehenen Kälbern
vorgenommen, die Stichproben der Nachkommen von Prüfbullen darstellen.
Es werden mindestens das Alter, das Lebendgewicht und der Preis je
Kilogramm Lebendgewicht ermittelt.
3.2.2.5 Prüfung weiblicher Tiere der Zuchtrichtung "Milch und Fleisch" in
Milchviehbetrieben
Die Prüfung wird an einer Stichprobe von weiblichen Nachkommen von
Prüfbullen innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Kalbung
vorgenommen. Die Bewertung erfolgt nach rassespezifischen Grundsätzen.
Es wird mindestens die Bemuskelung ermittelt.
3.2.2.6 Prüfung in Mutterkuhherden
Es werden geschlechtsspezifisch die auf 200 Tage standardisierten
Gewichte und die Bemuskelung der Kälber ermittelt. Zusätzlich kann das
365-Tage-Gewicht ermittelt werden.
3.3 Nachprüfungen
Sofern die Fleischleistungsprüfung von Tierhaltern durchgeführt wird,
werden die Ergebnisse stichprobenweise durch Nachprüfungen oder andere
geeignete Maßnahmen abgesichert. Die Ergebnisse der Nachprüfung sind
für die Feststellung der Leistung maßgebend.
4 Zuchtleistungsprüfung
4.1 Fruchtbarkeit
Das Merkmal Fruchtbarkeit wird durch die Non-Return-Ergebnisse der
Kühe am 90. Tag nach der Belegung erhoben. Doppelbesamungen bleiben
unberücksichtigt, der Tag der Besamung wird nicht mitgezählt. In
Mutterkuhherden werden stattdessen das Erstkalbealter sowie die
Zwischenkalbezeit und die Anzahl geborener Kälber ermittelt.
4.2 Kalbeverlauf
Die Kälberverluste, Mehrlingsgeburten und Missbildungen sowie, außer
in Mutterkuhherden, der Kalbeverlauf werden getrennt für erste und
spätere Abkalbungen durch Befragen der Tierhalter ermittelt.
4.3 Nutzungsdauer
Die Nutzungsdauer wird über den Zeitpunkt des Abgangs weiblicher Tiere
aus der Leistungsprüfung ermittelt. Abgänge zur Zucht werden nicht
berücksichtigt.
5 Äußere Erscheinung
Die äußere Erscheinung wird nach einem Notensystem beurteilt.
1 Allgemeines
1.1 Der Zuchtwert wird nach wissenschaftlich gesicherten Methoden festgestellt. Dabei werden verwandtschaftliche Beziehungen berücksichtigt und Leistungsunterschiede, die nicht genetisch bedingt sind, nach Möglichkeit ausgeschaltet.
1.2 Die Zuchtwertteile werden als Relativzahlen berechnet und dazu für alle Merkmale in der Weise standardisiert, dass die Zuchtwertteile der jüngsten drei vollständig geprüften Bullenjahrgänge der Population einen Mittelwert von 100 ergeben und dass die Standardabweichung bei unbegrenzter Informationsmenge 12 Punkte beträgt.
1.3 Die Zuchtwertteile werden entsprechend ihrer Bedeutung für die jeweilige Rasse zusammengefasst und wie unter Nummer 1.2 standardisiert.
1.4 Die Sicherheit ist das Bestimmtheitsmaß für die Übereinstimmung zwischen dem festgestellten Zuchtwert oder Zuchtwertteil und dem Zuchtwert oder Zuchtwertteil, der sich bei unbegrenzter Informationsmenge ergäbe.
1.5 Ein außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verordnung festgestellter Zuchtwert von solchen Bullen, für die im Geltungsbereich dieser Verordnung kein Zuchtwert mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, wird auf Antrag nach einem vom Internationalen Komitee für Leistungsprüfungen in der Tierproduktion anerkannten Verfahren umgerechnet.
2 Milchleistung
Der Zuchtwertteil Milchleistung wird auf Grund des entsprechenden
Zuchtwertteils des Vaters und der Mutter und, soweit vorhanden, auf
Grund der Eigenleistungen des Rindes und der Leistungen seiner
Nachkommen festgestellt.
Der Zuchtwert von Besamungsbullen wird festgestellt, wenn die
Sicherheit mindestens 50% beträgt.
3 Fleischleistung
3.1 Der Zuchtwertteil Fleischleistung wird anhand von Ergebnissen der Fleischleistungsprüfungen festgestellt. Dabei können Informationen aus mehreren Prüfungen entsprechend ihrer Bedeutung für den Zuchtwert zusammengefasst werden.
3.2 Der Zuchtwertteil Fleischleistung bezieht sich auf eine Zuchtverwendung des Rindes in seiner Zuchtrichtung. Er kann zusätzlich für Kreuzungen des Rindes mit Rindern anderer Zuchtrichtungen festgestellt werden. Wenn er zusätzlich für Kreuzungen des Rindes mit Rindern anderer Zuchtrichtungen festgestellt wird, ist dieses zu kennzeichnen.
3.3 Bei Besamungsbullen der Zuchtrichtung Milch und Fleisch und der Zuchtrichtung Fleisch muss der Zuchtwertteil Fleischleistung mit einer Sicherheit festgestellt werden, die höher ist, als bei einer alleinigen Eigenleistungsprüfung nach Anlage 1 Nr. 3.2.2.1. Sofern die Nettogewichtszunahme oder Merkmale der Fleischqualität geprüft werden, sind diese Merkmale bei der Zuchtwertfeststellung von Besamungsbullen zu berücksichtigen.
4 Zuchtleistung
Im Zuchtwertteil Zuchtleistung werden die Ergebnisse für
Fruchtbarkeit, Kalbeverlauf und Nutzungsdauer entsprechend ihrer
Bedeutung für den Zuchtwert des Rindes zusammengefasst.
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