Auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Tierzuchtgesetzes vom 22. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2493) verordnet der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
(1) Zur Zuchtwertfeststellung bei einem Schaf oder einer Ziege werden mindestens
je nach der Zuchtrichtung
a) die Zuchtwertteile Fleischleistung oder Milchleistung,
b) bei einem Schaf auch die Zuchtwertteile Wollqualität oder Fellqualität und
der Zuchtwertteil Zuchtleistung
festgestellt sowie bei einem Bock auch die äußere Erscheinung und, soweit ein rassebedingter Bedarf besteht, zusätzlich die Eignung zur Landschaftspflege beurteilt.
(2) Es umfassen mindestens
der Zuchtwertteil Fleischleistung die Leistungsmerkmale Gewichtszunahme und Bemuskelung,
der Zuchtwertteil Milchleistung die Leistungsmerkmale Fettmenge und Eiweißmenge,
der Zuchtwertteil Wollqualität die Leistungsmerkmale Ausgeglichenheit, Farbe und Feinheit,
der Zuchtwertteil Fellqualität die Leistungsmerkmale Farbe und Zeichnung,
der Zuchtwertteil Zuchtleistung bei
a) Schafen die Leistungsmerkmale Anzahl der geborenen und Anzahl der bis zum Alter von 42 Tagen aufgezogenen Lämmer,
b) Ziegen die Anzahl der lebend geborenen Lämmer, bezogen auf Zuchtjahr und Zuchttier.
(3) Nach Anlage 1 werden
die Leistungsmerkmale
a) für den Zuchtwert Fleischleistung an männlichen Tieren,
b) für die Zuchtwertteile Milchleistung und Zuchtleistung an weiblichen Tieren in Leistungsprüfungen ermittelt,
die Leistungsmerkmale für die Zuchtwertteile Wollqualität und Fellqualität an Schafböcken und weiblichen Schafen beurteilt sowie
die äußere Erscheinung und die Eignung zur Landschaftspflege beurteilt.
(4) Der Zuchtwert wird nach den Grundsätzen der Anlage 2 festgestellt. Werden dabei die Leistungsmerkmale in einem Index zusammengefaßt, so werden sie nach ihrer sich aus dem Zuchtprogramm ergebenden Bedeutung gewichtet.
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Fundstelle des Originaltextes: BGBl. I 1991, 1127 - 1128
* 1 Voraussetzungen
Die zu prüfenden Tiere müssen dauerhaft und unverwechselbar
gekennzeichnet und mit diesem Kennzeichen in den Prüfungsunterlagen
aufgeführt sein.
2 Fleischleistungsprüfung
2.1 Allgemeines
Die Fleischleistungsprüfung wird am Tier selbst
(Eigenleistungsprüfung) oder in einer Prüfungsgruppe an seinen
Geschwistern (Geschwisterprüfung) oder an seinen Nachkommen
(Nachkommenprüfung) durchgeführt. Sie wird entweder als
Stationsprüfung in einer Prüfungsanstalt oder als Feldprüfung in
Zucht-, Mast- oder Schlachtbetrieben oder bei Veranstaltungen der
Zuchtorganisationen durchgeführt.
2.2 Eigenleistungsprüfung
2.2.1 Stationsprüfung
Die Stationsprüfung erstreckt sich bei Schafen auf den
Gewichtsabschnitt von 20 bis mindestens 35 Kilogramm, bei Ziegen auf
den Gewichtsabschnitt von 15 bis mindestens 30 Kilogramm. Die Prüfung
wird unter möglichst einheitlichen Fütterungs- und Haltungsbedingungen
durchgeführt. In der Prüfung werden mindestens die durchschnittliche
tägliche Gewichtszunahme und der Futterenergieaufwand in
Stärkeeinheiten je Kilogramm Gewichtszunahme im Prüfungszeitraum sowie
bei Prüfungsende mindestens die Bemuskelung durch Bewertung von Keule,
Rücken und Schulter nach einem Notensystem ermittelt.
2.2.2 Feldprüfung
In der Feldprüfung wird in der Zeit vom Tage nach der Geburt bis zum
Alter von höchstens sieben Monaten oder in einem Zeitraum von
mindestens acht Wochen, beginnend frühestens in der vierten und
spätestens in der achten Lebenswoche, mindestens die durchschnittliche
tägliche Gewichtszunahme im Prüfungszeitraum ermittelt. Die
Bemuskelung wird durch Bewertung von Keule, Rücken und Schulter nach
einem Notensystem ermittelt. Zur Ermittlung der durchschnittlichen
täglichen Gewichtszunahme werden Alter und Gewicht bei Prüfungsende
ermittelt und das Gewicht, abzüglich des Geburtsgewichtes, durch die
Anzahl der Lebenstage dividiert. Ist das Geburtsgewicht nicht
ermittelt worden, so wird ein rassetypisches Geburtsgewicht unter
Berücksichtigung des Geschlechts und des Geburtstyps zugrunde gelegt.
2.3 Geschwisterprüfung und Nachkommenprüfung
2.3.1 Stationsprüfung
Die Stationsprüfung wird entsprechend der Nummer 2.2.1 durchgeführt.
Eine Prüfungsgruppe besteht aus mindestens sieben Lämmern, wobei von
mindestens fünf Lämmern auswertbare Ergebnisse vorliegen müssen. Die
Bemuskelung wird mindestens durch die Bewertung von Keule, Rücken und
Schulter nach einem Notensystem ermittelt; bei geschlachteten Tieren
wird zusätzlich die Rückenlänge und Querschnittsfläche der
Rückenmuskulatur festgestellt. Zur Ermittlung des Verfettungsgrades
werden das Oberflächenfett und das Nierenfett beurteilt.
2.3.2 Feldprüfung
Die Feldprüfung wird entsprechend der Nummer 2.2.2 durchgeführt. Eine
Prüfungsgruppe besteht aus mindestens 10 Lämmern.
3 Milchleistungsprüfung
3.1 Prüfungsverfahren
3.1.1 Am Prüfungstag werden mindestens die Milchmenge festgestellt und
daraus der Fettgehalt und der Eiweißgehalt ermittelt (Einzelprüfung).
Die Milchmenge ergibt sich aus allen Gemelken des Prüfungstages. Für
die Ermittlung des Fettgehaltes und des Eiweißgehaltes wird eine für
mindestens zwei Untersuchungen ausreichende Milchprobe entnommen und
die bei jeder Melkzeit ermittelte Milchmenge berücksichtigt. Aus der
Milchmenge, dem Fettgehalt und dem Eiweißgehalt werden die Fettmenge
und die Eiweißmenge berechnet.
3.1.2 Die Melkzeiten und das Melkverfahren dürfen am Prüfungstag gegenüber
den betriebsüblichen Melkzeiten und Melkverfahren nicht geändert
werden.
3.1.3 Zum Wiegen und Messen dürfen nur anerkannte Geräte und Einrichtungen
verwendet werden. Für Geräte zur Bestimmung der Milchinhaltsstoffe
gelten die Mindestanforderungen der Milch-Güteverordnung vom 9. Juli
1980 (BGBl. I S. 878, 1081) in der jeweils geltenden Fassung
entsprechend.
3.1.4 Die Milchleistungsprüfung wird nach einer vom Internationalen Komitee
für die Leistungsprüfung von Tieren (IKLT) festgelegten Methode
durchgeführt. Wird sie nach der vom IKLT festgelegten Standardmethode
durchgeführt, so nimmt ein amtlicher Prüfungsbeauftragter
Einzelprüfungen im Abstand von je etwa 30 Tagen im Prüfungsjahr vor.
Die in einer Einzelprüfung festgestellte Milchmenge, Fettmenge und
Eiweißmenge wird mit der Anzahl der Melktage des Prüfungszeitraums
multipliziert; der Lammtag gilt nicht als Melktag.
3.1.5 Wird die Milchleistungsprüfung nach einer anderen vom IKLT anerkannten
Methode als der Standardmethode durchgeführt, so werden die dabei
festgestellten Leistungsergebnisse gekennzeichnet.
3.1.6 In einer Laktation werden bei Schafen mindestens fünf, bei Ziegen
mindestens acht Einzelprüfungen durchgeführt.
3.1.7 Ist durch Umstände, die der Tierbesitzer nicht zu vertreten hat, eine
Einzelprüfung nicht durchführbar, so wird eine Überbrückungsberechnung
vorgenommen. Zwischen den beiden Prüfungstagen dürfen nicht mehr als
70 Tage liegen. Innerhalb eines Prüfungsjahres werden höchstens eine
Überbrückungsberechnung, bei Ziegen höchstens zwei
Überbrückungsberechnungen vorgenommen.
3.2 Leistungsangaben im Zuchtbuch
Zur Darstellung der Ergebnisse der Milchleistungsprüfung werden
mindestens verwendet:
3.2.1 bei Schafen die 150-Tage-Leistung; sie ist die Leistung vom Tage nach
dem Lammen bis zum Ende des letzten Prüfungszeitraums dieser
Laktation, längstens jedoch bis zum Ablauf des 150. Laktationstages.
Angegeben werden die Ordnungszahl der Laktation und die Anzahl der
Laktationstage;
3.2.2 bei Ziegen die 240-Tage-Leistung; sie ist die Leistung vom Tage nach
dem Lammen bis zum Ende des letzten Prüfungszeitraums dieser
Laktation, längstens jedoch bis zum Ablauf des 240. Laktationstages.
Angegeben werden die Ordnungszahl der Laktation und die Anzahl der
Laktationstage.
3.2.3 Zusätzlich können verwendet werden:
3.2.3.1 die Jahresleistung; sie ist die Leistung in einem Prüfungsjahr;
3.2.3.2 die mittlere Jahresleistung; sie wird berechnet, indem die Leistung in
der Zeit vom Tage nach dem ersten Lammen bis zum Ende des letzten
abgeschlossenen Prüfungsjahres, bei abgegangenen Tieren bis zu ihrem
Abgang, durch die Anzahl der Tage dieses Zeitraumes dividiert und das
Ergebnis mit 365 multipliziert wird; Voraussetzung für die Berechnung
ist, daß mindestens zwei Laktationen abgeschlossen sind und der
Zeitraum vom ersten Lammen an mindestens 730 Tage beträgt;
3.2.3.3 die Lebensleistung; sie ist die Leistung vom Tage nach dem ersten
Lammen bis zum Ende des letzten abgeschlossenen Prüfungsjahres, bei
abgegangenen Tieren bis zum Abgang;
3.2.3.4 die Bestandsdurchschnittsleistung; sie wird berechnet, indem die
Milchmenge, Fettmenge und Eiweißmenge eines Bestandes im Prüfungsjahr
durch die Summe der Futtertage des Bestandes dividiert und die
Ergebnisse mit 365, in einem Schaltjahr mit 366 multipliziert werden.
3.3 Nachprüfung
3.3.1 Die Ergebnisse der Milchleistungsprüfung werden stichprobenweise durch
Nachprüfungen oder andere geeignete Maßnahmen abgesichert.
3.3.2 Als fehlerhaft festgestellte Ergebnisse von Einzelprüfungen werden
nicht berücksichtigt. Statt dessen wird eine Überbrückungsberechnung
oder eine Nachprüfung vorgenommen; hiervon kann ganz oder teilweise
abgesehen werden, wenn das fehlerhafte Ergebnis durch Täuschung
beeinflußt worden ist.
4 Wollqualität, Fellqualität und äußere Erscheinung
Die Merkmale der Wollqualität, Fellqualität und äußeren Erscheinung
werden nach einem Notensystem beurteilt.
5 Zuchtleistungsprüfung
Bei der Zuchtleistungsprüfung werden alle weiblichen Tiere des
Bestandes geprüft.
6 Eignung zur Landschaftspflege
Zur Beurteilung der Eignung zur Landschaftspflege werden die Merkmale
Widerstandsfähigkeit, Genügsamkeit und Marschfähigkeit zusammengefaßt
bewertet.
Fundstelle des Originaltextes: BGBl. I 1991, 1129
* 1 Die Zuchtwertteile Fleischleistung, Milchleistung und Zuchtleistung werden durch Leistungsvergleich innerhalb der Population festgestellt. Dabei werden verwandtschaftliche Beziehungen berücksichtigt und Leistungsunterschiede, die nicht genetisch bedingt sind, so weit wie möglich ausgeschaltet.
2 Für den Leistungsvergleich werden als Vergleichstiere verwendet:
2.1 bei dem Zuchtwertteil Fleischleistung
2.1.1 in der Stationsprüfung: mindestens 30 Zeitgefährten,
2.1.2 in der Feldprüfung: mindestens 40 Tiere, die jeweils im selben oder
vorangegangenen Prüfungsjahr geprüft worden sind, sowie
2.2 bei dem Zuchtwertteil Milchleistung
alle Tiere, die frühestens ein Jahr zuvor die Prüfung abgeschlossen
haben.
3 Werden die Leistungsmerkmale in einem Index zusammengefaßt, so werden
die Zuchtwertteile entsprechend ihrer Bedeutung für die jeweilige
Rasse so zusammengefaßt, daß sich ein Mittelwert von 100 und eine
Standardabweichung von 20 ergibt. Kann im Einzelfall ein Zuchtwertteil
nicht festgestellt werden, so wird hierfür der Wert 100 eingesetzt.
4 Der Zuchtwert bezieht sich auf eine Zuchtverwendung des Tieres
innerhalb der jeweiligen Zuchtrichtung. Er kann zusätzlich für die
Kreuzung mit Tieren anderer Zuchtrichtungen festgestellt werden.
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