Auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 9231-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, Absatz 1 Nr. 3 zuletzt geändert durch das Gesetz vom 6. April 1980 (BGBl. I S. 413), Absatz 3 eingefügt durch § 70 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 721) und geändert gemäß Artikel 22 Nr. 3 der Verordnung vom 26. November 1986 (BGBl. I S. 2089), verordnet das Bundesministerium für Verkehr nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden:
Abweichend von § 21a Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565, 1971 I S. 38), die zuletzt durch die Verordnung vom 7. August 1997 (BGBl. I S. 2028) geändert worden ist, brauchen die Führer von Krafträdern während der Fahrt keinen Schutzhelm zu tragen, wenn
das Kraftrad den Anforderungen der Anlage zu dieser Verordnung entspricht und
die vorhandenen Rückhaltesysteme angelegt sind.
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Fundstelle des Originaltextes: BGBl. I 1998, 1131 - 1133
* * 1. Allgemeine Anforderungen an zwei- oder dreirädrige Fahrzeuge als Voraussetzung für eine Befreiung von der Schutzhelmtragepflicht
1.1 Es sind Tests zu folgenden Unfallkonfigurationen entsprechend der
International Organization for Standardization - Norm ISO 13232-2,
Abschnitt 4.3.1 der Ausgabe vom 15. Dezember 1996 durchzuführen:
a) Versuchskonfiguration I: ISO 143 - 9,8/0 - seitlicher Anstoß des
Personenkraftwagens;
b) Versuchskonfiguration II: ISO 114 - 6,7/13,4 - schräger Frontalanstoß
zwischen Zweirad und Personenkraftwagen;
c) Versuchskonfiguration IV: ISO 412 - 6,7/13,4 - schräger seitlicher
Anstoß des Zweirades von hinten;
d) Versuchskonfiguration VI: ISO 225 - 0/13,4 - streifender Frontalanstoß
von Personenkraftwagen und Zweirad;
e) Versuchskonfiguration VII: ISO 413 - 0/13,4 - seitlicher
90 Grad-Anstoß des Zweirades gegen stehenden Personenkraftwagen.
Darüber hinaus sind ein seitlicher Umkipptest und ein Dacheindrücktest
durchzuführen. Die jeweilige Versuchsbeschreibung und Durchführung ist
im Abschnitt 2 dargestellt.
1.2 Bei allen vorstehend beschriebenen Versuchen wird der Grenzwert für
die Kopfbelastung (HPC) des Fahrzeugführers entsprechend den
Anforderungen beim Personenkraftwagen Frontal- und Seitenaufpralltest
auf den HPC = 1.000 festgelegt (siehe Anhang II, Abschnitt 3.2.1.1 der
Richtlinie 96/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.
Dezember 1996 über den Schutz der Kraftfahrzeuginsassen beim
Frontalaufprall und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG (Abl. EG
Nr. L 18 S. 7) und Anhang II, Abschnitt 3.2.1.1 der Richtlinie
96/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1996
über den Schutz der Kraftfahrzeuginsassen beim Seitenaufprall und zur
Änderung der Richtlinie 70/156/EWG (ABl. EG Nr. L 169 S. 1).
1.3 Die Extremitäten des Fahrzeugführers können in der Anprall- oder
Ausschleuderphase den Schutzbereich des Fahrzeuges verlassen. Damit
die Verletzungen der Extremitäten beim Einklemmen unter Beteiligung
der eigenen Fahrzeugstruktur so gering wie möglich sind, müssen die
Kontaktkräfte (Flächenpressungen) möglichst gering gehalten werden.
Können die Anforderungen von Kapitel 3 der Richtlinie 97/24/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte
Bauteile und Merkmale von zwei- oder dreirädrigen Kraftfahrzeugen über
vorstehende Außenkanten (ABl. EG Nr. L 226 S. 1) nicht erfüllt werden,
sind Polsterungen in Kontaktbereichen der Extremitäten vorzusehen.
1.4 Das Zweirad ist durch ein geeignetes, dem Stand der Technik
entsprechendes Rückhaltesystem auszustatten, das Kapital 11 der
Richtlinie 97/24/EG über die Verankerung der Sicherheitsgurte von
dreirädrigen Kleinkrafträdern, Drei- und Vierradfahrzeugen mit Aufbau
entspricht. Das Rückhaltesystem muß den Fahrzeugführer in allen Phasen
eines möglichen Unfalles sicher zurückhalten und ihn somit von
Kontakten mit Hindernissen oder Teilen der eigenen Fahrzeugstruktur
schützen.
1.5 Ist das für den Fahrzeugführer vorgesehene Rückhaltesystem manuell zu
betätigen, ist im unmittelbaren Sichtfeld des Fahrzeugführers eine
Signallampe zu installieren, die im fahrbereiten Zustand bei nicht
angelegten Sicherheitsgurten aufleuchtet, um Nachlässigkeiten bei der
Benutzung (z.B. Vergessen) vorzubeugen. Diese Lampe muß mit
angemessener Intensität leuchten und den Anforderungen von Anhang III,
Abbildung 9 der Richtlinie 78/316/EWG des Rates vom 21. Dezember 1977
zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Kennzeichnung der
Betätigungseinrichtungen, Kontrolleuchten und Anzeiger) (ABl. EG Nr. L
81 S. 3) entsprechen. Durch ein Hinweisschild im Sichtfeld des
fahrbereiten Fahrzeugführers muß er darauf hingewiesen werden, daß die
Helmtragepflicht besteht, wenn er die Sicherheitsgurte nicht anlegt.
1.6 Ist der Schutzbereich des Zweirades mit Scheiben versehen, müssen
diese den Anforderungen von Kapitel 12, Anhang I, Abschnitt 1.1 oder
1\.2 der Richtlinie 97/24/EG über Scheiben entsprechen.
1.7 Im Rahmen der Erteilung der (EG-)Betriebserlaubnis ist die Einhaltung
dieser Anforderungen durch das Gutachten eines amtlich anerkannten
Sachverständigen oder eines Technischen Dienstes gegenüber dem
Kraftfahrt-Bundesamt nachzuweisen.
1.8 Von den in dieser Anlage beschriebenen Anforderungen an Krafträder,
die in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum rechtmäßig hergestellt und dort rechtmäßig in den
Verkehr gebracht werden dürfen, darf abgewichen werden, wenn sie
dasselbe Niveau für den Schutz der Gesundheit und der
Verkehrssicherheit gewährleisten, wie solche Krafträder, die den
Anforderungen dieser Anlage entsprechen. Soweit diese die Durchführung
von Prüfungen oder die Vorlage von Prüfbescheinigungen vorsehen,
werden auch Prüfungen und Prüfbescheinigungen von Prüfstellen, die in
anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum zugelassen sind, berücksichtigt, wenn diese
hinsichtlich ihrer zugrundeliegenden technischen Anforderungen
deutschen Prüfungen und Prüfverfahren gleichwertig sind.
**2.** **Besondere Prüfanforderungen**
2.1 Seitlicher Umkipptest
2.1.1 Anwendungsbereich
Mit diesem Testverfahren ist zu untersuchen, ob es beim Umkippen des
Fahrzeuges, besetzt mit einem Fahrer, zum Kopfkontakt des
Fahrzeugführers mit der Fahrbahn kommt.
2.1.2 Anforderungen
Beim seitlichen Umfallen des Prüffahrzeuges muß die
Kopfgeschwindigkeit der Versuchspuppe Euro-SID Dummy (entsprechend
Anhang II der Richtlinie 96/27/EG) 20 km/h
+- 2 km/h betragen.
Dabei muß einer der beiden anschließend genannten Punkte erfüllt sein.
2.1.2.1 Abstand des Kopfes zur Fahrbahn
Der Abstand zwischen Kopf und Fahrbahn darf während des Versuches den
in 2.1.3.3.1 definierten Wert der Distanzplatte nicht unterschreiten.
Am Kopf darf keine Farbmarkierung sichtbar sein.
2.1.2.2 Schutzeinrichtungen für den Kopf
Beim Einsatz von Schutzeinrichtungen für den Kopf, die den
unmittelbaren Kontakt zum Boden verhindern, gilt das
Kopfbelastungskriterium HPC < 1.000.
2.1.3 Versuchsaufbau
2.1.3.1 Fahrzeug
Möglichkeiten:
a) Das Prüffahrzeug steht entweder mit beiden Rädern auf einer
waagerechten, ebenen, nicht verschmutzten Fläche, die für eine
normale, trockene, nicht verschmutzte Straßenoberfläche repräsentativ
ist (im weiteren "Boden" genannt) oder gegebenenfalls auf einer
erhöhten, parallel zu dieser Fläche eingerichteten Plattform.
b) Das Fahrzeug wird mit der unter 2.1.4.1 definierten Kontaktebene
parallel zum Boden aufgehängt.
Das Vorderrad befindet sich in Geradeausstellung. Die Räder können
durch die Betätigung des Bremssystems oder einen hierauf bezogenen
Eingriff während des Versuches blockiert sein.
Ragt der Lenker aus der in Abschnitt 2.1.4.1 definierten Kontaktebene
heraus, muß dieser für den Versuch entfernt oder so abgeändert werden,
daß ein Bodenkontakt vermieden wird.
Bei verstellbarem Sitz und Kopfstütze sind diese jeweils in ihre
Mittelstellung zu bringen.
2.1.3.2 Dummy
Der Euro-SID Dummy ist mittig zur Fahrzeuglängsachse zu positionieren.
Die Beine sind in normaler Fahrposition abzustellen.
Der bzw. die Sicherheitsgurte werden mit der geringsten möglichen
Gurtlose angelegt.
Die Oberarme werden unter einem Winkel von
45 Grad zur Oberkörpersenkrechten eingestellt.
2.1.3.3 Meßeinrichtungen
2.1.3.3.1 Bestimmung des Abstandes Kopf - Boden
Zur Bestimmung des Abstandes zwischen Kopf und Kontaktebene nach 2.1
wird eine 75 mm dicke Platte (Distanzplatte) mit geeigneten
Abmessungen so am Boden plaziert, daß vor und während der Berührung
der Fahrzeugstruktur in der geforderten Kontaktebene keine Berührung
mit anderen Körperteilen oder Fahrzeugteilen möglich ist.
Die Distanzplatte wird vor dem Versuch an der Oberseite eingefärbt.
Beim Berühren des Kopfes mit der Platte muß sich am Kopf eine
Farbmarkierung abbilden.
2.1.3.3.2 Bestimmung der Kopfbelastungswerte
Bei der Prüfung nach 2.1.2.2 werden die Kopfbeschleunigungswerte des
Euro-SID-Dummys gemessen und ausgewertet (z.B. HPC).
2.1.3.3.3 Bestimmung der maximalen Kopfgeschwindigkeit
Die Bestimmung der Kopfgeschwindigkeit erfolgt durch Auswertung einer
Highspeed-Filmaufzeichnung oder durch die Integration der
Beschleunigung in y-Richtung.
2.1.4 Versuchsdurchführung
2.1.4.1 Verfahren
Für das Testverfahren wird als Berührungsfläche der Fahrzeugseite mit
dem Boden eine Kontaktebene definiert. Die sich aufgrund der Dynamik
des Versuches nach 2.1.3.1 Buchstabe a ergebende Berührungsebene
zwischen Fahrzeugseite und einer ebenen Fläche, bei der der
Kopfabstand zu dieser Fläche am geringsten ist, wird als Kontaktebene
festgelegt.
a) Das Fahrzeug kippt aus dem Stand (senkrechte Position) auf die
vorgesehene Seite, so daß es den Boden in der Kontaktebene berührt.
b) Das Fahrzeug fällt, nach 2.1.3.1 Buchstabe b ausgerichtet, aus einer
durch 2.1.4.2 vorgegebenen Höhe auf den Boden.
2.1.4.2 Kopfgeschwindigkeit
Die maximale Kopfgeschwindigkeit in den Testverfahren 2.1.4.1
Buchstabe a und b soll 20 km/h
+- 2 km/h betragen.
Um diese Geschwindigkeit zu erreichen, kann es im Versuch 2.1.4.1
Buchstabe a bauartbedingt erforderlich sein, daß das Fahrzeug aus
einer erhöhten Position (siehe 2.1.3.1 Buchstabe a) umkippen muß.
Bei der Versuchskonstellation 2.1.4.1 Buchstabe b ist die
erforderliche Fallhöhe entsprechend einer Aufprallgeschwindigkeit von
20 km/h
+- 2 km/h zu bestimmen.
2.1.5 Dokumentation
Highspeed-Filmaufnahmen vom Aufschlagbereich des Kopfes dienen der
Dokumentation des Bewegungsablaufes.
2.2 Dacheindrücktest
2.2.1 Anwendungsbereich
Das Verfahren dient der Überprüfung der Steifigkeit von Dachrahmen
bzw. Dachstrukturen bei Einspurfahrzeugen mit Gurten, die den
Fahrzeugführer bei Benutzung der Sicherheitsgurte von der
Schutzhelmtragepflicht entbinden.
2.2.2 Anforderungen
Bei der Dacheindrückprüfung von Einspurfahrzeugen mit
Sicherheitsgurten muß die maximal auftretende Kraft, die während des
Verformungsweges von 127 mm auftritt, mindestens 22,2 kN betragen.
Die bei diesem Verformungsweg der Dachstruktur aufgenommene Energie
muß mindestens 1,4 kJ betragen. (Dieses Niveau entspricht einem
linearen Kraftanstieg von 0 bis 22,2 kN über einem Verformungsweg von
127 mm (siehe Abbildung 2). Sehr steife Dachstrukturen, die nach
geringer Verformung kollabieren, können diese Anforderungen nicht
erfüllen).
2.2.3 Versuchsaufbau des Dacheindrücktestes
2.2.3.1 Fahrzeug
Der Rahmen des Fahrzeuges mit Dachstruktur wird auf einer ebenen,
stabilen Grundplatte so fixiert, daß er beim Dacheindrücktest nicht
verschoben werden kann (siehe Abbildung 1).
Dabei muß sich der Rahmen des Fahrzeuges relativ zur Grundplatte in
Normallage befinden und derart abgestützt sein, daß ein rahmenfester
Punkt in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugschwerpunktes und die Neigung
des Hauptrahmens während der Belastung nahezu unverändert bleiben
(+- 10 mm,
+- 3 Grad).
Alle Abstützungen müssen unter einer zur Grundplatte parallelen Ebene
durch den H-Punkt (ein Bezugspunkt entsprechend Abschnitt 1.1 des
Anhangs III zu Kapitel 11 der Richtlinie 97/24/EG) liegen. Bei
verstellbaren Sitzen gilt der H-Punkt der tiefsten Sitzstellung.
Oberhalb dieser Ebene dürfen keine zusätzlichen Versteifungen
angebracht werden, außer Strukturteile, die bei dem entsprechenden
Fahrzeug als tragende Elemente ausgelegt sind (z.B. Motor,
Schalensitz, Karosserie).
2.2.3.2 Druckplatte
Mit einer ausreichend großen, ebenen Platte (größer als die
Kontaktfläche der gesamten Dachstruktur nach der Eindrückung) wird
parallel zur Grundplatte mit konstanter Geschwindigkeit auf die
Dachstruktur gedrückt (siehe Abbildung 1).
2.2.4 Versuchsdurchführung
Die Druckplatte wird mit einer maximalen Geschwindigkeit von 0,013 m/s
bis zu einer Verformung von 127 mm bewegt. Die maximale Testzeit
beträgt 120 Sek..
2.2.5 Dokumentation
Die Kraft-Weg-Kennung (senkrecht zur Druckplatte) wird zur
Dokumentation des Kraftverlaufes aufgenommen.
Abbildung 1 Versuchsaufbau Dachdrücktest (Inhalt: nicht darstellbare Abbildung, Fundstelle: BGBl. I 1998, 1133) Abbildung 2 Kraft-Weg-Diagramm Dachdrücktest (Inhalt: nicht darstellbare Abbildung, Fundstelle: BGBl. I 1998, 1133)
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