Auf Grund des § 45 Abs. 1 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), der durch Artikel 1 Nr. 39 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Abs. 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 22. November 2005 (BGBl. I S. 3197) verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung:
Die Meisterprüfung im zulassungspflichtigen Vulkaniseur- und Reifenmechaniker-Handwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile:
die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der wesentlichen Tätigkeiten (Teil I),
die Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II),
die Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und
die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV).
(1) Durch die Meisterprüfung wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Betrieb selbständig zu führen, technische, kaufmännische und personalwirtschaftliche Leitungsaufgaben wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen und seine berufliche Handlungskompetenz eigenverantwortlich umzusetzen und an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen.
(2) Im Vulkaniseur- und Reifenmechaniker-Handwerk sind zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Fertigkeiten und Kenntnisse als ganzheitliche Qualifikationen zu berücksichtigen:
Kundenwünsche ermitteln, Kunden beraten, Serviceleistungen anbieten, Auftragsverhandlungen führen und Auftragsziele festlegen, Leistungen kalkulieren und Angebote erstellen, Verträge schließen,
Aufgaben der technischen, kaufmännischen und personalwirtschaftlichen Betriebsführung wahrnehmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebsorganisation, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Qualitätsmanagements, der Haftungsvorschriften des Arbeitsschutzrechtes, des Datenschutzes, des Umweltschutzes sowie von Informations- und Kommunikationstechniken,
Auftragsabwicklungsprozesse planen, organisieren, durchführen und überwachen,
Aufträge durchführen, insbesondere unter Berücksichtigung der Vulkanisations-, Reifen- und Fahrwerkstechnik sowie von Fertigungstechniken und Instandhaltungsalternativen, berufsbezogenen rechtlichen Vorschriften, technischen Normen und der allgemein anerkannten Regeln der Technik, Personal, Material und Geräten sowie Einsatzmöglichkeiten von Auszubildenden,
Logistikkonzepte, insbesondere für Betriebs- und Lagerausstattung, entwickeln und umsetzen,
Herstellung, Erneuerung und Instandhaltung, insbesondere von Reifen, Rädern, Schläuchen, Fördergurten, Gummiauskleidungen und technischen Gummiartikeln, sowie die Instandsetzung von Fahrwerken, Fahrzeugbaugruppen und Bremssystemen beherrschen,
Prüf-, Steuerungs-, Regelungs- und Messtechniken beherrschen,
Arbeitspläne, Skizzen und Zeichnungen, auch unter Anwendung von rechnergestützten Systemen, erstellen; Arbeitsprozesse planen,
Arten und Eigenschaften von Werkstoffen, insbesondere von Thermoplasten, Elastomeren, Metallen sowie Verbundwerkstoffen, bei der Planung, Fertigung, Beschichtung und Instandhaltung berücksichtigen,
manuelle, maschinelle und programmgesteuerte Be- und Verarbeitungsverfahren sowie Montagetechniken beherrschen,
Fehler, Schäden, Störungen und Mängel feststellen, Instandsetzungsmaßnahmen bestimmen und Instandsetzung durchführen; Ergebnisse bewerten und dokumentieren,
Leistungen abnehmen und dokumentieren sowie Nachkalkulation durchführen.
Der Teil I der Meisterprüfung umfasst folgende Prüfungsbereiche:
ein Meisterprüfungsprojekt und ein darauf bezogenes Fachgespräch,
eine Situationsaufgabe.
(1) Der Prüfling hat ein Meisterprüfungsprojekt durchzuführen, das einem Kundenauftrag entspricht. Vorschläge des Prüflings für den Kundenauftrag sollen berücksichtigt werden. Die auftragsbezogenen Kundenanforderungen werden vom Meisterprüfungsausschuss festgelegt. Auf dieser Grundlage erarbeitet der Prüfling ein Umsetzungskonzept, einschließlich einer Zeit- und Materialbedarfsplanung. Dieses hat er vor der Durchführung des Meisterprüfungsprojekts dem Meisterprüfungsausschuss zur Genehmigung vorzulegen. Der Meisterprüfungsausschuss prüft, ob das Umsetzungskonzept den auftragsbezogenen Kundenanforderungen entspricht.
(2) Das Meisterprüfungsprojekt besteht aus Planungs-, Durchführungs- und Dokumentationsarbeiten.
(3) Als Meisterprüfungsprojekt sind aus zwei der nachstehenden Technikbereiche
Vulkanisation,
Reifen und Räder,
Fahrwerk
Produkte zu prüfen und zu beurteilen. Auf dieser Grundlage ist aus den gewählten Technikbereichen jeweils eine Kalkulation für eine Instandsetzung oder Erneuerung zu erstellen, die Arbeit durchzuführen und zu dokumentieren.
(4) Die Prüf-, Beurteilungs- und Kalkulationsunterlagen werden mit 30 vom Hundert, die durchgeführten Arbeiten mit 50 vom Hundert und die Dokumentationsunterlagen mit 20 vom Hundert gewichtet.
Nach Durchführung des Meisterprüfungsprojekts ist hierüber das Fachgespräch zu führen. Dabei soll der Prüfling nachweisen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.
(1) Die Situationsaufgabe ist auftragsorientiert und vervollständigt den Qualifikationsnachweis für die Meisterprüfung im Vulkaniseur- und Reifenmechaniker-Handwerk. Die Aufgabenstellung erfolgt durch den Meisterprüfungsausschuss.
(2) Als Situationsaufgabe ist die nachstehende Arbeit auszuführen: Fehler, Schäden, Störungen oder Mängel an Produkten aus dem Technikbereich, der nicht Gegenstand des Meisterprüfungsprojekts nach § 4 Abs. 3 war, unter Berücksichtigung von Qualität, Zeit, Materialeinsatz und Arbeitsorganisation feststellen, beheben und dokumentieren.
(3) Die Gesamtbewertung der Situationsaufgabe wird aus dem arithmetischen Mittel der Einzelbewertungen nach Absatz 2 gebildet.
(1) Die Durchführung des Meisterprüfungsprojekts soll nicht länger als drei Arbeitstage, das Fachgespräch nicht länger als 30 Minuten und die Ausführung der Situationsaufgabe nicht länger als sechs Stunden dauern.
(2) Meisterprüfungsprojekt, Fachgespräch und Situationsaufgabe werden gesondert bewertet. Die Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt und im Fachgespräch werden im Verhältnis 3 : 1 gewichtet. Hieraus wird eine Gesamtbewertung gebildet. Diese Gesamtbewertung wird zum Prüfungsergebnis der Situationsaufgabe im Verhältnis 2 : 1 gewichtet.
(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder im Meisterprüfungsprojekt noch im Fachgespräch noch in der Situationsaufgabe mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf.
(1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling in den in Absatz 2 genannten Handlungsfeldern seine Handlungskompetenz dadurch nachweisen, dass er berufsbezogene Probleme analysieren und bewerten sowie Lösungswege aufzeigen und dokumentieren und dabei aktuelle Entwicklungen berücksichtigen kann.
(2) Handlungsfelder sind:
Vulkanisations-, Reifen- und Fahrwerkstechnik,
Auftragsabwicklung,
Betriebsführung und Betriebsorganisation.
(3) In jedem Handlungsfeld ist mindestens eine Aufgabe zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss:
Vulkanisations-, Reifen- und Fahrwerkstechnik
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben und Probleme der Vulkanisations-, Reifen- und Fahrwerkstechnik unter Berücksichtigung technischer, sicherheitstechnischer, wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte in einem Vulkaniseur- und Reifenmechanikerbetrieb zu bearbeiten. Dabei soll er berufsbezogene Sachverhalte analysieren und bewerten. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis e aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a) Aufbau und Funktionsweise von Rädern und Reifensystemen beschreiben, Vulkanisationsverfahren erläutern sowie Vulkanisationsprodukte Einsatz- und Verwendungszwecken zuordnen,
b) technische Lösungen für die Instandsetzung von Rad- und Reifensystemen, Fahrwerken, insbesondere Bremsanlagen, sowie Fördersystemen erarbeiten, bewerten und korrigieren,
c) Arten und Eigenschaften von Werkstoffen sowie Werkstoffverbindungen beurteilen und Verwendungs- und Verarbeitungszwecken zuordnen,
d) Aufbereitung von Oberflächen für unterschiedliche Verbindungstechniken begründen,
e) Prüf-, Steuerungs-, Regelungs- und Messtechniken unterschiedlichen Einsatzzwecken zuordnen, Fehlerquellen beschreiben und Möglichkeiten für deren Beseitigung aufzeigen;
Auftragsabwicklung
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Auftragsabwicklungsprozesse, auch unter Anwendung branchenüblicher Software, erfolgs-, kunden- und qualitätsorientiert zu planen, deren Durchführung zu kontrollieren und sie abzuschließen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a) Möglichkeiten der Auftragsbeschaffung darstellen,
b) Angebotsunterlagen erstellen und Angebote auswerten, Angebotskalkulation durchführen,
c) Methoden und Verfahren der Arbeitsplanung und -organisation unter Berücksichtigung der Fertigungs- und Instandsetzungstechnik, der Montage, des Einsatzes von Material, Geräten und Personal bewerten, dabei qualitätssichernde Aspekte, insbesondere bei der Auftragsannahme und bei der Einsteuerung von Aufträgen in das innerbetriebliche Informationssystem, darstellen sowie Schnittstellen zwischen Arbeitsbereichen berücksichtigen,
d) berufsbezogene rechtliche Vorschriften und technische Normen sowie allgemein anerkannte Regeln der Technik anwenden, insbesondere Haftung bei der Herstellung, Montage, Instandsetzung und Wartung beurteilen,
e) Arbeitspläne, Skizzen, Zeichnungen und Abwicklungen erarbeiten, bewerten und korrigieren,
f) auftragsbezogenen Einsatz von Material, Maschinen und Geräten bestimmen und begründen,
g) Schadensaufnahme an Rad- und Reifensystemen, Fahrwerken, insbesondere Bremsanlagen, Fördersystemen sowie an gummierten Oberflächen darstellen, Instandsetzungsalternativen aufzeigen sowie die erforderliche Abwicklung festlegen und begründen,
h) Vor- und Nachkalkulation durchführen;
Betriebsführung und Betriebsorganisation
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben der Betriebsführung und Betriebsorganisation unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften, auch unter Anwendung von Informations- und Kommunikationssystemen, wahrzunehmen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a) betriebliche Kosten ermitteln, dabei betriebswirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigen,
b) betriebliche Kostenstrukturen überprüfen; betriebliche Kennzahlen ermitteln,
c) Marketingmaßnahmen zur Kundenpflege und zur Gewinnung neuer Kunden vor dem Hintergrund technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen erarbeiten,
d) betriebliches Qualitätsmanagement planen und darstellen,
e) Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen; den Zusammenhang zwischen Personalverwaltung sowie Personalführung und -entwicklung darstellen,
f) betriebsspezifische Maßnahmen zur Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und des Umweltschutzes entwickeln; Gefahrenpotenziale beurteilen und Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung und -beseitigung festlegen,
g) Betriebs- und Lagerausstattung sowie logistische Prozesse planen und darstellen,
h) Chancen und Risiken betrieblicher Kooperation darstellen und beurteilen.
(4) Die Prüfung in Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll in jedem Handlungsfeld nicht länger als drei Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden.
(5) Die Gesamtbewertung des Teils II wird aus dem arithmetischen Mittel der Einzelbewertungen der Handlungsfelder gemäß Absatz 2 gebildet.
(6) Wurden in höchstens zwei der in Absatz 2 genannten Handlungsfelder jeweils mindestens 30 und weniger als 50 Punkte erreicht, kann in einem dieser Handlungsfelder eine mündliche Ergänzungsprüfung durchgeführt werden, wenn diese das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht.
(7) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Die Prüfung des Teils II ist nicht bestanden, wenn
ein Handlungsfeld mit weniger als 30 Punkten bewertet worden ist oder
nach durchgeführter Ergänzungsprüfung zwei Handlungsfelder jeweils mit weniger als 50 Punkten bewertet worden sind.
(1) Die Vorschriften der Meisterprüfungsverfahrensverordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4154) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.
(2) Die Prüfung in den Teilen III und IV der Meisterprüfung bestimmt sich nach der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung vom 26. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2149) in der jeweils geltenden Fassung.
Die Regelungen des § 8 Absatz 6 und 7 gelten nicht für die bis zum 31. Dezember 2011 begonnenen Prüfungsverfahren. Diese werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.
Diese Verordnung tritt am 1. September 2006 in Kraft.
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